Ich werde immer wieder von blinden Lesern gefragt, wie denn Windows 10 so sei, ob sich der Umstieg lohnt, ob danach alles kaputt ist o. ä. Auch kommen immer wieder mal Fragen nach geeigneter Hardware. Ich habe daher vor etwa einer Woche die Gelegenheit beim Schopfe ergriffen und sowohl das Microsoft Surface Book als auch das Surface Pro 4 einem Test unter Alltagsbedingungen unterzogen. Hier ist mein Erfahrungsbericht.
Im November 2015 stellte Microsoft sowohl das Surface Pro 4 Tablet als auch das erste eigene Notebook der Firma, das Surface Book, vor. Während das Surface Pro 4 recht schnell in Deutschland verfügbar war, mussten Kunden bis zum 18.02.2016 warten, bis das Surface Book auch in Deutschland lieferbar war.
Durch überwiegend positive Rezensionen der amerikanischen IT-Presse neugierig geworden, und weil die allgemeinen Gründe für die bessere Produktivität unter Windows auch mit OS X El Capitan immer noch Bestand haben, fragte ich bei Microsoft Deutschland an, ob ich sowohl ein Surface Pro 4 als auch ein Surface Book zur Ansicht bekommen könnte, um hier im Blog darüber zu schreiben. Dankenswerterweise konnte ein Surface Pro 4 sofort gestellt werden, während ein Surface Book nicht verfügbar war.
Es fügte sich jedoch, dass mein Arbeitgeber mir eines besorgen konnte, so dass ich in der letzten Woche beide Geräte parallel getestet habe.
Ich werde hier nicht die allgemeinen Testergebnisse z. B. der PC-Welt oder der c’t wiederholen, sondern speziell die Zugänglichkeit für Blinde und einige Besonderheiten beleuchten, die mir im Test aufgefallen sind.
Haptik 🔗
Beide Geräte sind sehr gut verarbeitet. Das Surface Pro 4 ist etwas kleiner (12,3 Zoll) als das Surface Book (13,5 Zoll Bildschirmdiagonale). Außerdem ist das Surface Pro 4 ein einzelnes Tablet, das durch eine zusätzlich zu erwerbende Tastatur (Type Cover) erweiterbar ist, während das Tablet im Surface Book Bestandteil eines vollwertigen Notebooks ist. Die Tablets liegen gut in der Hand, sind aber nicht ganz leicht (800 g fürs Surface Pro 4 vs. 726 g fürs Surface Book ohne Tastatur). Die Verarbeitung ist solide: Beim festen Anfassen knarzt nichts oder fühlt sich an irgend einer Stelle „wabbelig“ an.
Alleinstellungsmerkmal des Surface Pro 4 ist der Standfuß, der sich an der unteren Gehäuserückseite ausklappen lässt, um das Tablet mit angestecktem Type Cover auf eine plane Fläche wie einen Tisch zu stellen. Das Surface Book wird hingegen direkt auf den Tastatur-Unterbau gesteckt und ist somit der Notebook-Bildschirm.
Die Verarbeitung beider Steckmechanismen ist solide, viele magnetische Einrastfunktionen helfen, die Geräte richtig zusammenzustecken, ohne dass es Zweifel über die Ausrichtung gibt. Das gilt auch für den Stecker des Netzteils. Dieser lange, schmale Stecker wird ebenfalls magnetisch angezogen, sobald er in der richtigen Position ist.
Etwas gewöhnungsbedürftig ist, dass beide Geräte den Kopfhöreranschluss an jeweils einer Ecke der oberen Gehäuseseite haben. Beim Surface Pro 4 ist es die linke, beim Surface Book die rechte obere Ecke. Dadurch hängen Kabel z. B. eines Headsets gern mal an der Seite herunter und können auch in den Weg geraten, wenn man das Surface z. B. per Touchscreen bedient.
Die Tastatur 🔗
Gegenüber den Vorgängerversionen wurde das Type Cover für das Surface Pro 4 grundlegend überarbeitet. Waren die Vorgänger lediglich als Versuch einer Tastatur aufzufassen, hat das Type Cover für das Surface Pro 4 diesen Namen auch tatsächlich verdient. Die Tasten sind klar voneinander abgesetzt und haben einen guten Druckpunkt. Man kann sie zweistufig einstellen: Einmal ganz flach und einmal mit einem ca. 1 cm hohen Falz, der sich ans unterste Ende des Tablets heranklappen lässt. Die Tastatur hat so einen leichten Neigungswinkel (Anstieg nach hinten zum Surface Pro hin), der fürs Tippen für meinen Geschmack angenehmer ist.
Einen Nachteil hat diese Konstruktion allerdings: Obwohl die Tastatur gut verarbeitet ist, sorgt das sehr dünne Gehäuse dafür, dass sie doch beim Tippen immer etwas mitschwingt oder nachgibt. Der Nachteil: Durch diese Freischwingung scheppert das Tippen unglaublich laut. Auch ist die Konstruktion empfindlich gegen kleinste Unregelmäßigkeiten in der Tischplatte: Ist sie nicht ganz eben, scheppert zusätzlich der Standfuß des Surface Pro 4 etwas mit. Und wie auch schon im Test der PC-Welt erwähnt, sorgt dieser ausklappbare Standfuß zwar für einen stufenlos verstellbaren Neigungswinkel von ganz steil bis ganz flach, trägt aber nach hinten unheimlich auf, so dass das Surface Pro sehr viel Standfläche benötigt. Das Tippen auf dem Schoß ist somit schon schwierig, wenn nicht sogar ganz unmöglich.
Von diesen Problemen ist die Tastatur des Surface Book nicht betroffen. Sie ist Bestandteil des Notebook-Unterbaus und somit solide ins Gehäuse eingearbeitet. Sie hat ebenfalls einen sehr guten Druckpunkt, und die Tasten haben eine angenehme Festigkeit. Auch das Gehäuse ist leicht nach hinten ansteigend, so dass ein angenehmes Tippgefühl entsteht. Im Gegensatz zum Surface Pro 4 faltet sich das Surface Book nach hinten auf, wenn man den Tablet-Teil hoch klappt. Die Standfläche vergrößert sich somit, je weiter der Winkel geöffnet wird, aber ohne die Notwendigkeit eines Standfußes, der nach hinten gegen Umfallen absichern müsste. Das ganze steht somit auch auf dem Schoß sehr stabil. Die Geräuschentwicklung beim Tippen ist deutlich geringer als beim Surface Type Cover.
Vom Layout her sind die Tastaturen fast identisch. Die Tastatur des Surface Book hat etwas mehr Raum zur Verfügung, so dass ein leicht größerer Abstand zwischen den Tasten besteht. Auch gibt es eine Funktionstaste mehr, nämlich die zweite Taste rechts oben dient zum Entriegeln des Tablet-Teils. Ansonsten haben beide Tastaturen rechts neben der Leertaste neben der Alt-GR-Taste eine Kontextmenü-Taste, etwas, das man heute nur noch selten auf Notebook-Tastaturen findet. Meist wird der Platz durch entweder eine zweite Windows- oder eine STRG-Taste vergeudet. Dieser Umstand macht bei den Microsoft-Tastaturen das Arbeiten mit Kontextmenüs sehr angenehm, da man nicht beide Hände braucht, um das Kontextmenü mit Umschalt+F10 zu öffnen. Die Cursortasten für nach oben und nach unten haben hingegen nur die halbe Höhe, so dass das Cursorkreuz sich nicht wie ein echtes Cursorkreuz anfühlt, sondern wie drei Tasten nebeneinander, von denen die mittlere in der Mitte horizontal zweigeteilt ist.
Windows 10 🔗
Beide Geräte kommen mit einem vollwertigen Windows 10 Pro. Die abgespeckte, auf der ARM-Prozessorarchitektur basierende, RT-Variante gibt es für Tablets nicht mehr. Das heißt auch, dass beide Surface-Modelle nicht nur moderne Windows-10-Anwendungen, sondern auch herkömmliche Desktop-Anwendungen wie das vollwertige Office 2016 ausführen können.
Die Ersteinrichtung mit Hilfe der eingebauten Sprachausgabe (im englischen Narrator) klappte fast problemlos. Auf dem Surface Book sprachen zwischendurch zwei Dialogfelder nicht, nachdem die Sprache auf deutsch umgestellt woerden war. Dieser Umstand ist leider natürlich sehr störend, weil man so Gefahr läuft, im wahrsten Sinne des Wortes im Dunkeln zu sitzen und ohne sehende Hilfe nicht weiter zu kommen. Ab dem dritten Dialogfeld fing die Sprachausgabe dann auf einmal ohne weiteres Zutun wieder an zu sprechen. Äußerst verwunderlich.
Nach der Ersteinrichtung kann man mit Narrator die Grundfunktionalität des Betriebssystems bedienen. Selbst Webseiten kann man einigermaßen gut lesen, wenn man den mitgelieferten Microsoft-Edge-Browser benutzt. Zum Herunterladen eines vollwertigen Screen Readers wie NVDA reicht es allemal.
Screen Reader 🔗
Apropos Screen Reader: NVDA läuft auf den Surfaces wie eine Eins. Es ist schnell, spricht alles, der Touch Screen funktioniert einwandfrei. Seit Version 2015.4 ist auch die Grundfunktionalität mit Microsoft Edge hergestellt, allerdings empfehlen sowohl die Entwickler von NVDA als auch ich dringend den Firefox zum Browsen unter Windows 10. Edge ist einfach noch nicht soweit, und viele etwas komplexere Seiten werden es noch aus dem Tritt bringen. Auch ist die Performance aus technischen Gründen mit Firefox deutlich besser.
Selbiges gilt auch für JAWS 17. Auch dieses läuft anständig auf den Surfaces. Allerdings muss zwingend JAWS 17 eingesetzt werden, frühere Versionen sind mit Windows 10 offiziell nicht kompatibel. Es kann einiges funktionieren, muss es aber nicht, und wenn es funktioniert, ist es Zufall. Wer also eine ältere Version hat und Windows 10 einsetzen will, ohne auf NVDA umzusteigen, muss ein Upgrade erwerben.
Window-Eyes, SuperNova und Cobra habe ich nicht getestet, aber für Window-Eyes gilt dasselbe wie für JAWS: Nur die 9.2 oder neuer nutzen, die 8er Generation dürfte mit sowohl Windows 10 und vor allem MS Edge reichlich Probleme haben.
Windows 10 bringt auch den Internet Explorer 11 mit. Allerdings ist dieser relativ versteckt und wird nicht mehr mit neuen Funktionen versorgt. Alle Entwicklung neuer Webtechnologien findet im Nachfolger Edge statt, aber dieser ist, gerade was Screen Reader angeht, wie gesagt, noch nicht für den alltäglichen Einsatz bereit.
Wer NVDA nutzt, sollte sich unbedingt auch das Add-On Windows 10 App Essentials installieren. Dieses behebt einige Probleme im Zusammenspiel mit Windows 10 Systemkomponenten und einigen mitgelieferten Apps, deren Behebung noch nicht in den Kern von NVDA eingeflossen sind.
Alltagsaufgaben 🔗
Windows 10 ist im Gegensatz zu Windows 8.1 und vor allem Windows 8 wieder viel vorhersagbarer in der Arbeit geworden. Man merkt kaum noch, ob man sich gerade in einer modernen oder klassischen Desktop-Anwendung befindet. Gerade NVDA, das z. B. überall den Touch Screen unterstützt, ermöglicht das Arbeiten mit Tastatur, Maus und eben dem Touch Screen in allen zugänglichen Anwendungen.
Auch hat Microsoft sich wieder von völlig unterschiedlichen Bedienkonzepten für moderne Anwendungen vs. klassischer Desktop-Anwendungen verabschiedet. Menüs lassen sich konsistenter bedienen als unter Windows 8.1, und auch andere Kinderkrankheiten gehören endlich der Vergangenheit an. Auch die regelmäßigen App-Updates für vom System mitgelieferte Anwendungen sorgen für eine kontinuierliche Verbesserung der Zugänglichkeit. So sind nach einem Update im Januar 2016 Mail und Adressbuch deutlich besser zugänglich geworden. Man kann damit jetzt tatsächlich ganz gut arbeiten, wenn man nicht Outlook oder Thunderbird nutzen möchte.
Auch Cortana, der Sprachassistent, der in Windows 10 Einzug gehalten hat, ist durchaus nützlich, z. B. zum Anlegen von Terminen, Finden von Dingen o. ä. Eine enge Verzahnung mit den Systemkomponenten und Cloud-Diensten ist allerdings in den meisten Fällen Voraussetzung, dass diese Assistenzfunktionen auch garantiert funktionieren.
Auch neue Funktionen wie die virtuellen Desktops, mit deren Hilfe man sich individualisierte Arbeitsumgebungen für bestimmte Aufgaben erzeugen kann, sind zugänglich. Dadurch, dass Microsoft eine immer besser werdende Bibliothek von Benutzerschnittstellen-Elementen hat und die Zugänglichkeit durch immer bessere UI Automation verbessert, fällt es ihnen auch leichter, solche Funktionen gleich von Anbeginn zugänglich zu machen.
Auf alle Fälle empfehle ich, um wirklich alles aus Windows herausholen zu können, das Studium dieser Liste von Tastenkombinationen. In Windows 10 ist viel dazu gekommen, so dass sich ein Blick auch für diejenigen sehr lohnt, die Windows schon länger kennen.
Windows Hello 🔗
Windows Hello ist eine neue Funktion zur Anmeldung per Gesichtserkennung. Diese funktioniert nicht auf jedem Windows-Rechner, aber die Surface-Familie bringt Unterstützung durch die Front-Kamera mit. Anstatt ein Passwort oder eine PIN einzugeben, wird die Echtheit des Benutzers durch biometrische Erkennung der Gesichtsmerkmale durchgeführt. Vergleichbar ist dies entfernt mit dem Fingerabdruck-Sensor im iPhone seit dem 5s und einigen neuen Android-Geräten.
Die Einrichtung ist kinderleicht und auch für Blinde problemlos durchführbar. Man muss lediglich vor dem Surface in normaler Arbeitshaltung sitzen bleiben, wenn die Erkennung läuft. Einmal eingerichtet, kann man das Surface entsperren, ohne ein Kennwort oder eine PIN eingeben zu müssen. Das ist vor allem auch dann praktisch, wenn man irgendwo unterwegs ist und nicht kontrollieren kann, ob und wer einem gerade über die Schulter schaut. Die Gesichtserkennung lässt sich auch nicht austricksen: Andere Personen werden nicht eingelassen, und auch mit einem Foto von sich selbst kann man das System nicht überlisten, weil neben der normalen Kameraoptik auch Infrarotsensoren zum Einsatz kommen, fast wie bei einer Wärmebildkamera.
Die Daten werden nur auf dem Gerät gespeichert. Ich musste, obwohl ich mich auf beiden Geräten mit meinem Microsoft-Konto anmeldete, die Hello-Funktion auf beiden Geräten separat aktivieren und die Gesichtserkennung durchführen.
Regelmäßige Updates 🔗
Mit Windows 10 hat Microsoft auch einen Paradigmenwechsel eingeläutet, was die Verteilung und Aktualisierung des Systems angeht. Der Ansatz „Software As A Service“ (Software als Dienstleistung) heißt, dass es nicht nur alle paar Jahre ein neues Betriebssystem mit neuer Versionsnummer gibt, sondern dass in kleineren Abständen größere Systemupdates mit neuen Funktionen und mehr als nur Sicherheits-Bugfixes verteilt werden. So gab es schon im November 2015 ein größeres Update, das u. a. auch viele Zugänglichkeitsprobleme behob.
Auch kann sich heute jede Person, die das möchte, zum Windows 10 Insider Program anmelden, um früh Entwicklerversionen zu testen. Hierfür gibt es dann mehrere Stufen, in denen man Updates erhält, wobei bei dem sogenannten „Fast Ring“ im Moment fast jede Woche eine neue Version kommt, die dann natürlich auch Bugs enthalten kann. Dieser Schritt will wohl überlegt sein, und man sollte auch bereit sein, Microsoft Feedback zukommen zu lassen. Aber allein die Tatsache, dass das geht, ist schon ein ziemliches Indiz dafür, wie sehr bei Microsoft in den letzten Jahren ein Kulturwechsel hin zu mehr Offenheit stattgefunden hat.
Die Surfaces im Alltag 🔗
Neben der bereits erwähnten guten Verarbeitung machen die Surfaces auch im täglichen Einsatz eine gute Figur. Sie laufen zuverlässig, in den meisten Fällen geräuschlos und kommen auch mit regelmäßigem Einschlafen und Aufwecken sehr gut zurecht. Da habe ich unter Windows schon echte Horrorszenarien erlebt, die hier sämtlich nicht auftreten. Man merkt deutlich, wie gut die Hardware auf die Software abgestimmt ist. Auch sorgen regelmäßige Updates der Treiber, Firmware o. ä. dafür, dass Kinderkrankheiten ausgebügelt werden, wie z. B. das Problem, das bis Mitte Februar bestand, wo die Surfaces im Standby zuviel Strom verbraucht haben.
Ich ertappe mich auch immer mehr dabei, wie selbstverständlich den Touch Screen zu nutzen. Und im Gegensatz zum iPad mit Tastatur merkt man hier eben auch, dass man ein vollwertiges Desktop-Betriebssystem fährt. Trotz der verbesserten Produktivität in iOS 9 haben die meisten Anwendungen längst keine so gute Unterstützung von Tastenkombinationen wie die meisten Anwendungen unter Windows. Auch die Tatsache, dass man unter iOS für jedes Cloud-Dateisystem immer eine eigene App, die eine Erweiterung zum Öffnen von Dateien installiert, braucht und so immer erst nachdenken muss, was man von wo holen muss, hat sich bei mir in der Praxis immer wieder als hakelig erwiesen. Unter Windows braucht man diese Systemdienste zwar auch, aber diese integrieren sich dann ins normale Dateisystem, und man wechselt lediglich in andere Ordner.
Was fehlt? 🔗
Ganz klar ein LTE-Modul! Ich bin öfters unterwegs und nutze dann das iPad mit Mobilfunkoption eigenständig, um mit Tastatur und vernünftigem Bildschirm zu arbeiten, ohne dabei gleichzeitig den Akku des iPhones mit leer zu saugen. Jetzt ist man mit sowohl dem Surface Pro 4 als auch dem Surface Book immer auf Tethering mit dem Smartphone angewiesen, d. h., es sind immer zwei Geräte, die schneller Akku verbrauchen, anstatt nur eines. Das ganze relativiert sich nur dadurch etwas, dass das Surface-Netzteil einen USB-Anschluss hat, über den man das Smartphone z. B. im Zug über dieselbe Steckdose mitStrom versorgen kann; aber es ist trotzdem etwas, das zumindest mir störend auffällt und wo ich mir für eine Weiterentwicklung dringend wünschen würde, dass ein Mobilfunkmodul eingebaut und die Surface-Familie so noch netzunabhängiger wird.
Surface Pro oder Book? 🔗
Das ist, wie so oft, Geschmackssache. Das Surface Pro 4 gibt es in sechs, das Surface Book in vier Varianten. Man kann wählen zwischen 128, 256 und 512 GB Flash-Speicher, 4, 8 oder 16 GB Arbeitsspeicher und Prozessoren von Intel Core-i5 oder -i7 der neuesten Generation (Skylake). Das Surface Pro 4 kommt zusätzlich in einer Variante mit dem abgespeckten Intel-Core-m-Prozessor, welcher mit passiver Lüftung auskommt. Dieses Surface ist also immer lautlos, aber eben auch mit deutlich weniger Rechenpower ausgestattet.
In der Praxis habe ich zwischen dem Core-i5 (Surface Pro 4) und dem Core-i7 (Surface Book) in meinen Testgeräten keine großen Unterschiede feststellen können. Je nach Anwendung und Benchmark ist der verwendete Core-i7 zwischen 8 und 15 Prozent schneller als der Core-i5. Was vielleicht für Sehbehinderte interessant sein dürfte: Die dedizierte Grafik im Surface Book (außer der kleinsten Variante) sorgt laut Tests für deutlich bessere Grafik-Performance. Für ein ruckelfreies Erlebnis der bevorzugten Vergrößerungs-Software könnte dies entscheidend sein. Da ich selbst aber blind bin und das daher nicht testen kann, kann ich dies nur vermuten. Ausprobieren müsst ihr das dann ggf. selbst. 😉
Anwendungen wie Office, Mail, Webbrowsen und sogar einige Entwicklungsaufgaben erledigen beide Geräte zuverlässig und schnell.
Was mich persönlich jedoch definitiv mehr zum Surface Book tendieren lassen würde, wäre die bessere Tastatur. Das Type Cover ist, wie gesagt, deutlich besser als früher, aber das Gescheppere beim Tippen in etwas geneigter Position nervt doch sehr. Die solide eingearbeitete Tastatur im Surface Book hingegen ist von der Qualität her durchaus mit Tastaturen z. B. in MacBooks vergleichbar.
Aber auch beim Thema Tastaturen sind Geschmäcker ja verschieden. Daher kann ich nur empfehlen: Probiert sie aus und bildet euch euer eigenes Urteil. Wenn ihr euch für ein Gerät aus der Surface-Familie entscheiden solltet, könnt ihr auf jeden Fall nichts falsch machen, es sind beide gute, solide Geräte, auf denen Screen Reader, die Windows 10 unterstützen, zuverlässig ihren Dienst tun.
Gibt es Wermutstropfen? 🔗
Klar, die gibt es doch immer! 😉 So ist auch in Windows 10 eine Anbindung von integrierten Mail-, Kalender- und Kontaktelösungen wirklich nur dann gut, wenn sie einen Exchange-Server als Gegenstück auf dem Server hat, gerade wenn diese Daten auch mit Mobilgeräten synchronisiert werden sollen. Offene Standards wie CALDAV und CARDDAV werden vom Betriebssystem selbst und auch von Outlook nicht unterstützt. Thunderbird hat zwar inzwischen die Lightning-Kalendererweiterung als festen Bestandteil integriert, kann aber immer noch kein CARDDAV ohne Klimmzüge mit mehr oder weniger gut funktionierenden Erweiterungen von Drittherstellern. Außerdem weiß man ja leider nicht, wie lange und unter welchem Dach dieses zukünftig weiterentwickelt wird, weil Mozilla sich ja komplett von dem Projekt trennen will. Leider!
Auch wer z. B. als Smartphone ein iPhone benutzt, kann Dienste wie iCloud nur eingeschränkt nutzen. iMessage geht unter Windows gar nicht, iCloud-Kalender und -Kontakte gehen entweder über die Windows-10-Apps Mail, Kontakte und Kalender, oder über eine von Apple zu pflegende Outlook-Erweiterung. Pages- oder Numbers-Dokumente können unter Windows nur im Browser bearbeitet werden, und iWork für iCloud im Browser ist immer noch nicht mit Screen Readern zugänglich.
Wenigstens wurde für diejenigen, die Google-Konten wie Gmail nutzen, die Integration wiederhergestellt, wie hier zu lesen ist. Für Hangouts usw. muss man dann wohl den Browser nehmen, für die Kalender-, Mail- und Kontakte-Funktion die Windows-Apps oder ein buntes Mischmasch.
Man fährt also bei allem wirklich am besten, wenn man sich der Microsoft-Cloud verschreibt. Gooogle- und iCloud-Konten gehen zwar irgendwie, aber nur mit Einschränkungen.
Fazit 🔗
Windows 10 ist nach anfänglichen Kinderkrankheiten definitiv ein solides System geworden. Die Abstimmung zwischen der Hard- und software bei der Surface-Familie ist schon fast Apple-like zu nennen. Es gibt keine Software, die nicht zwingend zum System gehört, keine Werbeinstallationen irgendwelcher Virenscanner oder sonstiger Software, wie sie quasi sonst bei allen gängigen Notebook-Marken vorkommen. Alle Treiber funktionieren auf Anhieb, und auch beim Zurücksetzen des Gerätes und einer Neuinstallation dürfte es hier keine Probleme geben. Auf vielen anderen Notebooks hat man ja die Sprachausgabe u. a. deshalb bei der Ersteinrichtung nicht zur Verfügung, weil die Soundkartentreiber noch nicht vorhanden sind.
Auch für Umsteiger ist das Upgrade durchaus empfehlenswert: Alle Rechner, die Windows 7 oder 8.x ausführen können, laufen auch mit Windows 10. Eventuelle Probleme werden in der Regel vom Upgrade-Assistenten erkannt und Empfehlungen für Lösungen gegeben. Aber eben noch einmal der Hinweis: Kein Upgrade auf Windows 10 ohne aktuellste Version des bevorzugten Screen Readers, wenn dieser Windows 10 überhaupt unterstützt. Die drei großen NVDA, JAWS und Window-Eyes tun dies jedenfalls. Noch ist das Upgrade kostenlos, aber es gibt ja immer wieder Berichte, dass das nicht auf ewig so bleibt.
Ich selbst weiß die Vorzüge, die mir eine Windows-Umgebung mit funktionierender Touchscreen-Unterstützung bietet, schon jetzt sehr zu schätzen.
Updates 🔗
- 05.03.2016: Dank eines Hinweises von Emanuel, dass iCloud mit Windows 10 jetzt auch geht, dies getestet und nachgetragen, ebenso wie einen Link zu einer Anleitung für Gmail-Nutzer. Vielen Dank für den Hinweis!