Ja, ihr habt richtig gelesen! Dieser Blogpost beginnt die Dokumentation meines Experiments, nach fast vier Jahren iPhone auf Android umzusteigen.

Und manche werden sich fragen: Warum? Gründe gibt es einige. Zum einen ist es immer gut, über den Tellerrand zu schauen. Außerdem will ich endlich regelmäßig den Firefox für Android als mobilen Browser nutzen, und da es auf absehbare Zeit wegen Apples restriktiver Politik keinen Gecko-basierten Browser unter iOS geben wird, bleibt zunächst nur dieser Weg, um das Ziel zu erreichen.

Weiterhin hat sich die Zugänglichkeit von Android in den letzten Jahren echt gemausert. Gab’s unter Android 2.3 noch viele gute Gründe, die Zugänglichkeit für Android als nicht alltagstauglich zu deklarieren, änderte sich in Android 4.0 schon einiges, und in Android 4.1 noch vieles mehr, um die Zugänglichkeit immer näher an die von iOS heranzuführen. Selbst in kleineren Updates wie Android 4.2 und den dazu separat ausgelieferten Updates zu Talkback waren ständige Fortschritte zu erkennen. Seit Android 4.2.2, das vor einigen Wochen für die Google NEXUS Familie ausgeliefert wurde, habe ich keine Fehlsteuerungen der Gesten mehr feststellen können, wie sie unter 4.1.x noch Gang und Gäbe waren.

Wie auch in diesem englischsprachigen Blogeintrag angemerkt wird, hat sich Android selbst auch von einem noch sehr durch den Charakter des Experimentellen gekennzeichneten zu einem gereiften System entwickelt.

Ich habe mich im Laufe dieser Woche also dazu entschlossen, das Experiment zu wagen und einen Anlauf für einen Umstieg auf Android zu unternehmen. Die spannendste aller Fragen wird sein, welche App-Äquivalente ich brauchen werde, um ein adäquates Erlebnis auf einem Android-Smartphone zu bekommen.

Vorbereitungen 🔗

Welches Smartphone? 🔗

Die erste Frage, die es zu klären galt, war, welches Smartphone es denn nun sein sollte. Im Gegensatz zu iOS besteht bei Android nämlich der Umstand, dass jeder Hersteller dem Betriebssystem seine eigene Oberfläche spendieren kann. Samsung, HTC und wie sie alle heißen können die Oberfläche nach ihren Bedürfnissen anpassen oder gar ganz ersetzen. Und wie bei jeder App besteht auch hier die Möglichkeit, dass diese Oberfläche nicht für Talkback zugänglich ist.

Samsung schied von vornherein aus. Zum einen wusste ich aus einem Gespräch mit einem Bekannten, dass das Galaxy S III, trotz Android 4.1, eine Oberfläche hat, die mit Talkback nicht läuft. Außerdem habe ich politische Gründe, diesen Hersteller zu boykottieren.

Obwohl ich das HTC One, das dieser Tage ausgeliefert wird, von den Spezifikationen her sehr sexy finde, weiß ich, dass zumindest frühere Versionen der Oberfläche HTC Sense sich nicht mit Talkback kooperativ zeigten.

Ich habe daher einen vorsichtigen Weg eingeschlagen und mir das NEXUS 4 von Google bestellt. Bei der von Google ausgelieferten Version von Android weiß ich, dass sie zugänglich ist.

Mails, Kontakte, Kalender 🔗

Man könnte jetzt denken: „Prima! Google bietet ja sowohl Mail, als auch Kontakte und Kalender an, und das ist ja sowohl von iOS als auch von Android aus zugänglich!“

Und jetzt kommt aber das große ABER. Spätestens nach dem am 13.03.2013 angekündigten Tod von Google Reader und früheren Kapriolen des Suchmaschinen- und Android-Anbieters dürfte jedem klar sein, dass Google einem alles unter dem Hintern wegziehen kann, wonach den Entscheidern dort gerade zumute ist. Auch das Hin und Her mit der Unterstützung von CalDav im Google Calendar erweckt nicht gerade Vertrauen in die nachhaltige Interoperabilität der Dienste.

Frei nach dem Motto „Nutze dafür jetzt keinen Dienst, für den du nicht bezahlt hast“ entschied ich mich nach kurzer Recherche für die Option „Managed Exchange“ bei meinem Webhosting-Provider Domain Factory. Für einen monatlichen Preis habe ich hier Zugriff auf einen MS Exchange Server mit allen Möglichkeiten. Exchange wird sowohl unter Android als auch iOS und Mac OS X, und natürlich auch von Windows her, unterstützt. Dadurch bin ich sowohl von Googles Willkür als auch Apples iCloud unabhängig.

Apps, Apps, Apps 🔗

Während unter iOS sämtliche vom Betriebssystem mitgelieferten Apps auch mit VoiceOver zugänglich sind, ist dies bei Android mit Talkback leider (noch?) nicht der Fall. So gibt es Probleme bei der GMail- und Kalender-App, die die Bedienung teils hakelig, teils unmöglich machen. Es gilt also, für einige der Apps Ersatz zu finden, die mit Talkback vernünftig laufen. Aufgrund der offeneren Struktur von Android gibt es auch für vom Betriebssystem mitgelieferte Apps problemlos Ersatzangebote im Play Store.

Die unten stehende Tabelle zeigt eine Liste der Apps, die ich auf dem iPhone regelmäßig nutze und welche App ich auf dem NEXUS 4 dafür verwende. Da ich iOS keinesfalls komplett ersetzen werde, sondern mein geliebtes iPad Mini weiterhin zu meiner Standardausrüstung gehört, werden einige Aufgaben, für die es unter Android keinen adäquaten Ersatz gibt, weiter diesem vorbehalten sein. Ein Beispiel hierfür ist der e-Book-Reader iBooks, für den es unter Android keinen Ersatz gibt. Auch der Reader des Play Book Store ist nicht als solcher zu betrachten, da er zu den Apps gehört, die nicht gut bedienbar sind.

AufgabeiOSAndroid
BrowsenSafari (integriert)Firefox für Android
E-MailMailK-9 Mail
KalenderKalender?
KontakteKontakteKontakte
NachrichtenNachrichten
App.netFelix hAppy Riposte/ul>Robin Dash

Diese Liste ist nicht erschöpfend und wird mit der zeit mit Sicherheit noch erweitert. Es fehlen z. B. noch gute Lösungen zur Navigation und für Karten. Da habe ich bisher nichts vergleichbares zu den Karten von iOS 6 oder auch Ariadne GPS gefunden.

Und wie geht es jetzt weiter? 🔗

Ich warte täglich auf die Auslieferung des NEXUS 4. Sobald dieses da ist, werde ich zur Einrichtung schreiten und die ersten ernsthaften Schritte machen, die Alltagstauglichkeit zu testen, es also mit raus nehmen, damit alles zu tun versuchen, wofür ich sonst das iPhone verwendet habe.

Seid also gespannt auf Teil 2 des Experiments!