Die Beta 1 von Firefox 3.0 ist erschienen, und obwohl diese noch nicht alle neuen Funktionen und Bugfixes für die Zugänglichkeit enthält, möchte ich doch einen Überblick geben über die Neuerungen, die Anwender von Screen-Readern oder Großschriftsystemen erwartet.
- Unterstützung von Gnome ATK/AT-SPI unter Linux, mit dem z. B. der
Screen-Reader Orca oder das Programm Jambu, welches eine Navigationshilfe für motorisch eingeschränkte Benutzer ist, den Firefox
auslesen/steuern können.
Einführung des Standards IAccessible2 unter Windows, welches die folgenden Möglichkeiten bietet:
Screen-Reader, die keine Grafiktreiber-Hooks nutzen, können trotzdem in Eingabefeldern usw. lesen
Unterstützung vollständiger Formatierungsfunktionen, sobald Screen-Reader dies unterstützen. Eine E-Mail in Thunderbird oder einem WYSIWYG-Editor im Web können dann so bearbeitet werden wie sie auch später angezeigt werden. Überschriften, Links, Listen usw. werden als solche angesagt.
Weiterhin können Programme wie Dragon Naturally Speaking dies nutzen, um z.B. sprachgesteuert Blöcke von Text
oder anderem HTML-Inhalt zu markieren und dann in die Zwischenablage zu kopieren.
- Verbesserte Unterstützung von ARIA (Accessible Rich Internet Applications), welches zur Zeit im W3C auf dem Weg ist, die Version 1.0 zu erreichen. Mit ARIA können Internetanwendungen auch für Screen-Reader zugänglich gemacht werden, die über in HTML übliche Elemente wie Eingabefelder usw. hinausgehen. Das JavaScript-Toolkit Dojo verwendet ARIA zum Beispiel, um Elemente wie Strukturansichten, Fortschrittsbalken usw. zu generieren, die mit JAWS oder Orca und Firefox3 richtig gut genutzt werden können.
- Unterstützung von Live-Regions. Live-Regions sind bestimmte Abschnitte einer Webseite, die, nach verschiedenen Kriterien abgestuft, Programmen wie Orca oder zukünftig dann auch anderen Screen-Readern Änderungen mitteilen können. So kann z. B. ein sich regelmäßig aktualisierender Aktienkurs per Live-Region ausgegeben werden, der dann nach einer wählbaren Einstellung im Screen-Reader per Tastendruck abgefragt oder auch automatisch gesprochen werden kann. Eine erste Anwendung, die dies nutzt, ist der Google Reader. Surft man mit Firefox 3 und der Erweiterung Fire Vox auf Google Reader, werden einige Statusinformationen per Live-Region mitgeteilt, was schon sehr dem Bedienen einer Desktop-Anwendung ähnelt.
- Vollständiger Seiten-Zoom. In Firefox 3 beinhaltet dies neben Text auch Bilder. Dies ist hauptsächlich für Sehbehinderte spannend.
- Ein Tool, mit dem nicht barrierefreie Webseiten gemeldet werden können, damit diese dann auf einer Liste veröffentlicht werden und anderen Anwendern bei der Auswahl barrierefreier Angebote helfen können. Das Tool diente bisher schon zum Melden einer nicht funktionierenden Webseite, bietet jetzt jedoch explizit eine Option zum Melden der Nicht-Barrierefreiheit einer Website.
- Und natürlich tonnenweise Bugfixes. Es gibt z. B. in Firefox 2.0 und früher einen Bug, der auf bestimmten Webseiten auftritt, wo nicht der gesamte Inhalt an den Screen-Reader übermittelt wird. Dieses und viele andere Probleme sind in Firefox 3 behoben.
Es gibt also jede Menge spannende Neuerungen, die bereits jetzt genutzt werden können, die aber natürlich erst dann richtig zur Geltung kommen, sobald Screen-Reader-hersteller diese dann auch aktiv nutzen.